Federvieh im Projektalltag
Schwarze Schwäne werden Ereignisse aus dem Nichts genannt, die völlig unerwartet (äußerst geringe Eintrittswahrscheinlichkeit) und in heftiger Auswirkung daherkommen. Wie kann in solchen Situationen Risikomanagement helfen? Und kann man schwarze Schwäne managen? Und wenn ja, wie?
Das Taleb-Buch
Den Begriff „Schwarze Schwäne“ prägte der Autor Nassim Nicholas Taleb in seinem gleichnamigen Buch im Zusammenhang mit der Bankenkrise 2008.
Es gibt allerdings nicht nur die großen Schwarzen Schwäne wie Bankenkrise, 9/11 oder Corona. Auch im normalen Tagesbetrieb können sie auftauchen, wenn natürlich auch nicht in so einem extremen Umfang.
Zum Wesen dieser dunkel gefiederten Tiere
Das Problem eines Schwarzen Schwans ist sein plötzliches Auftreten aus dem Nichts – allein schon aus diesem Grund sind präventive Maßnahmen schwer bis gar nicht zu implementieren. Eine extrem geringe Eintrittswahrscheinlichkeit gepaart mit einer hohen und signifikanten Auswirkung sind das Kennzeichen dieses Phänomens.
Wobei zu Unterscheiden ist: Corona z.B. ist aus Sicht der Regierungshandelnden kein Schwarzer Schwan. Pandemien sind schon lange ein Thema und aus dem „Nichts“ kam das alles nicht.
Aber: Für einen wagemutigen Entrepreneur, der sich gerade mit all seinem Geld und geliehenen Mitteln aus der Verwandtschaft im Bereich einer sagen wir mal „Tanzschule“ selbstständig gemacht hat, ist das eine unerwartete Katastrophe. Und aus seiner Sicht ein echter Black Swan.
Kann man diese schwarze Schwäne managen?
Diese Podcast-Folge reflektiert über das Wesen von Schwarzen Schwänen und möglichen Strategien, wie ihnen begegnet werden könnte.
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Transskript dieser Podcastfolge „Schwarze Schwäne mangen“
Bitte beachten: Der nachfolgenden Text dieser Podcastfolge wurde maschinell transkribiert. Bitte verzeihen Sie daher Rechtschreibfehler. Noch beherrscht selbst die beste KI dieser Welt nicht alle badischen Sprachnuancen, gell?
Willkommen zur Folge 92 unseres Projektmanagement Podcasts. Mein Name ist Thomas Wuttke und wir von Wuttke & Team unterstützen Sie mit Herzblut bei der Verbesserung Ihrer Projekt-Kompetenz.
Wir sind noch immer mitten im Corona Wahnsinn und beleuchten mit der heutigen Ausgabe mal dieses Thema im Zusammenhang mit Risikomanagement oder auch mit der Frage: Hätte man das alles mit einem tollen Risikomanagement auch richtig machen können? Oder richtig vorhersagen bzw. sehen können? Die Antwort ist ganz einfach Natürlich nicht. Warum nicht und wieso nicht? Und warum? Vielleicht dann doch nur halb? Das möchte ich mit dem heutigen Podcast beleuchten.
Es handelt sich um das Thema Schwarzen Schwäne, und wir können auch gar nicht in die Pfefferminzia-Versicherung schalten, weil die Pfefferminzia, die ist leer. König und Stein sind in selbst gewählter Quarantäne und in den langen Gängen der Pfefferminzia Versicherung ist niemand mehr anzutreffen.
Ein schwarzer Schwan namens Corona hat sie alle aus dem Haus gejagt. Was sind diese schwarzen Schwäne? Und kann man schwarze Schwäne managen?
Schwarze Schwäne sind extrem unwahrscheinliche Ereignisse mit extrem großen Auswirkungen. Und ohne Frage haben wir natürlich mit dem ganzen Corona Wahnsinn hier einen schwarzen Schwan mindestens gesellschaftlich vorliegen. Und für viele Kleinbetriebe oder auch Handwerker oder auch größere Firmen ist es eigentlich nur ein schwarzer Schwan, sondern eine ganze Katastrophe, was denn hier über einen hereinbricht.
Wenn man das Ganze aber mal eine Stufe runter schaltet, muss man sich auch Fragen: Gibt es denn auch im Projektgeschäft, im Tagesgeschäft alles wieder normal? Gibt’s denn da auch schwarze Schwäne? Wie gehe ich mit denen um, wie werden die budgetiert und wie gehe ich überhaupt mit dieser Situation um?
Das ist der Gegenstand des heutigen Podcast, denn es gibt nämlich auch falsche schwarze Schwäne. Mit Wasserfarben angemalt, also schwarze Schwäne, die nur als Ausreden für Ereignisse dienen müssen, die mit guter Planung hätten vermieden werden können oder durch gewisse Planungsansätze hätten vermieden werden können. Wer genau hinsieht, kann sie relativ einfach entlarven. Neben Corona gibt es die jüngsten globalen und dicken schwarzen Schwäne: Zum Beispiel die Attentate des 11. Septembers. Die Weltwährungskrise 2008, Kometeneinschlag. Da gab es ja auch einen Anfang der Nullerjahre in Minsk, wo aus dem Nichts heraus ein Komet 3000 Leute gekostet hat. Und wir könnten wahrscheinlich auch noch den Mauerfall dazu zählen.
Es gibt aber jetzt nicht nur die ganz großen schwarze Schwäne, die gesellschaftlich relevanten, sondern eben auch die unvorhersehbaren Ereignisse, die wir in Organisationen, in Projekten und auch in unserem Privatleben haben. Jetzt könnte man die Ohnmacht gegenüber höheren Mächten durchaus in eine unkritische Haltung überführen. Können Sie sagen: Kann man nichts machen? Ja, eh alles Zufall? Ich bin der Spielball des Zufalls. Was soll es denn hier gar nichts planen?
Braucht man gar nichts zu machen? Das ist nicht ganz korrekt, und das ist auch letzten Endes nicht zielführend.
Und genauso wenig zielführend ist es, selbst kleinste Handwerksfehler in einer Planung oder in einer Vorhabensdurchführung dann immer den schwarzen Schwänen anzulasten. Vielleicht, weil sie gerade en vogue sind. Aber bedenken wir immer, die kommen immer allein. Sie sind immer Einzelgänger, und sobald mal zwei, drei im Pulk auftreten, stimmt wahrscheinlich irgendetwas nicht.
Ein ganz kurzer Exkurs in die Historie: Wie kommt denn überhaupt der Begriff zustande? Warum sagt man denn überhaupt „Schwarzer Schwan“? Das ist schon eine Zeitlang her, das war so 16.Jahrhundert. In der Zeit hat man durchaus auch immer mal wieder vom weißen Raben gesprochen oder eben auch vom schwarzen Schwan und hat damit zum Ausdruck bringen wollen „Das gibt’s gar nicht, das ist unmöglich“. Dummerweise ist dann aber in Australien, nachdem die Briten wieder eine Ladung Gefangene nach Australien gebracht haben, Ende des 17. Jahrhunderts tatsächlich ein schwarzer Schwan gesichtet worden.
Also etwas, was es gar nicht geben kann. Und es muss zur damaligen Zeit zu ganz erheblichen Diskussionen geführt haben. Und so kam es dann auch. So kam denn auch die Redewendung zustande für oder als Metapher für etwas absolut Unwahrscheinliches, aber mit einer hohen Auswirkung. Hohe Auswirkung? Nun, es wird berichtet, dass es einen veritablen Streit unter den Biologen gegeben hat. Und da muss wirklich riesig gewesen sein. Ist das jetzt ein neues Tier? Ist es jetzt ein Schwan? Oder ist es doch kein Schwan, oder?
Keine Ahnung. Aber das soll uns jetzt hier gar nicht weiter kümmern, weil eine Renaissance des Begriffes kam. Dann erst in der Finanzkrise 2008, als der Autor Nicholas Taleb mit seinem Buch „Der schwarze Schwan“ auch wieder diese Geschichte zurückgeholt hat und ebenfalls schon frühzeitig vor den Auswirkungen dieser Katastrophe gewarnt hat und dann am Ende Recht behalten haben sollte.
Und auch ein sehr empfehlenswertes Buch aus dem Risikomanagement. Allerdings etwas schwer zu lesen. Wie so oft im Risikomanagement ist die Betrachtungsweise oder das Ziel wichtig.
Ein Herzinfarkt eines, sagen wir mal, 46-jährigen Familienoberhaupts beim Angeln ist für dessen Familie mit Sicherheit ein schwarzer Schwan, allerdings nicht für die Rettungskräfte, die am Ort des Geschehens gerufen werden. Oder auch ein Projekt muss abgebrochen werden, weil ein, sagen wir mal, ein Kleinflugzeug in ein Verwaltungsgebäude stürzt. Ja, wir wissen zwar, dass so etwas möglich ist. Ist es nicht völlig aus der Luft gegriffen? Aber es macht keinen Sinn, im Risikomanagement in so einer Sache proaktiv tätig zu werden.
Wir haben gar keine Möglichkeit, präventive Maßnahmen zu ergreifen. Wir können es maximal im Rahmen von Notfallmaßnahmen durchführen. Ich weiß, es kommt doch gleich wieder der Einwand. Ja, aber Kernkraftwerke werden ja durch die Betonmauern vor genau dieser, diesen unwahrscheinlichen Fall geschützt. Okay, stimmt. Da werden also präventive Maßnahmen ergriffen, obwohl so etwas ja noch nie vorgekommen ist.
Aber das liegt auch daran, dass die Auswirkung so extrem hoch wäre. Also Eintrittswahrscheinlichkeit mal Auswirkung ist das Risiko. Und in dem Falle ja, dann nimmt man präventive Maßnahmen in Kauf. Aber muss sich das auch gefallen lassen. Oder muss sich die Frage gefallen lassen Was machen wir das jetzt? Ja, alles ist ja noch nie vorgekommen. Und so einen ähnlichen Fall hatten wir ja auch bei der ganzen Diskussion. Stellen wir uns einmal vor, wir hätten bereits im Februar diesen flächendeckenden Shutdown gemacht. Das hätte erst einmal einen ganz großen Aufruhr gegeben. Für was denn eigentlich? Das ist doch nur eine Grippe, die da kommt. Eine ganz einfache Grippe. Deswegen müssen wir doch nicht das öffentliche Leben stilllegen.
Will also sagen: Es macht keinen Sinn, in diesem normalen Risikomanagement zu versuchen, die schwarzen Schwäne einzubauen. Es sei denn, dass wir jetzt auf einer gesellschaftlichen Ebene unterwegs sind. Aber dann haben wir auch eine andere Zielsetzung. Zunächst mal muss aber festgestellt werden, dass wir für unsere ganz normale Liste von Unsicherheiten, die auf unser Projekt zielt, auf unsere Vorhaben, Ziele wirken könnten, eigentlich gar keine Möglichkeiten haben, diese niedlichen kleinen schwarzen Tierchen in irgendeiner Form zu behandeln. Letztlich kann ja ein schwarzer Schwan auch nur entstehen, wenn wir der Illusion erliegen, alle gegenwärtigen Ereignisse zu verstehen. Im Umkehrschluss kann das aber auch bedeuten, dass man sich gar keine Mühe mehr macht, um ansatzweise ein Verständnis für Ungewissheit oder Unsicherheit zu entwickeln, und das dann am Ende einfach alles den schwarzen Schwänen zuordnet.
Der Ansatz ist genauso falsch und kann zu weitreichenden Konsequenzen und Fehlentscheidungen führen. Wichtig wäre, um sich der Sache zu nähern, ein Verständnis und ein Gefühl für Eintrittswahrscheinlichkeit.
Und da haben wir sowieso unser unsere liebe Not damit, Eintrittswahrscheinlichkeit richtig einzuschätzen und auch zu visualisieren. Schon im ganz normalen Risikogeschäft ist ja schon oft zu hören, dass eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 20 Prozent eher so gut wie gar nix ist. Da bräuchte ich ja gar nicht drüber nachzudenken. 20 Prozent. Paah. Ich muss mich ja erst um Risiken kümmern, mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit bei 50 Prozent und größer. 50 Prozent sind mehr als in einer Fifty fifty Chance, dass dieser Schaden, wenn man das jetzt negativ betrachtet, dieser Schaden auch kommt. Und übrigens: 20 Prozent sind auch nicht ohne.
Und wenn wir jetzt mal überlegen, dass wir, wenn wir jetzt gerade augenblicklich auch hier unser Coronavirus nehmen, eine Letalität in vielen Ländern von mindestens acht bis zehn Prozent haben, dann ist das o, ist das aber viel. Das ist dann jeder Zehnte, der dabei ist. Oder sagen wir mal, jeder Zwanzigste bei 40 Prozent. Das ist aber dann doch schon erheblich und das schon erheblich groß.
Bedeutet also: Unsere Wahrnehmung in Bezug auf die Eintrittswahrscheinlichkeit hängt auch immer wiederum von dem Ziel ab und von der Auswirkung auf das Ziel. Und deswegen sind schwarze Schwäne ja nicht in der Größenordnung von fünf oder einem Prozent zu sehen.
Wie groß war denn die Eintrittswahrscheinlichkeit, dass so etwas eintritt? Die Eintrittswahrscheinlichkeit war null komma null null null null null null null eins irgendwie ganz weit hinten auf der Normalverteilung. Ganz weit draußen, dort hinten, irgendwo da wohnen die schwarzen Schwäne mit einer extrem kleinen Eintrittswahrscheinlichkeit und gar nicht messbar, sodass wir das ja schon gar nicht im normalen Risikogeschäft dann auch verarbeiten können oder auch sollten. Deswegen an dieser Stelle vier Punkte, wie wir mit schwarzen Schwänen am besten umgehen und wie wir schwarze Schwäne managen. Wenn wir hier mal wieder Frieden eingekehrt ist, um uns das vor Augen zu führen, was wir vielleicht daraus für unser Risikogeschäft auch lernen könnten.
Nummer eins Ja, es gibt sie. Wir sehen ja gerade einen oder erleben gerade einen. Und sie kommen auch immer wieder
Zweitens: Nein, es gibt keine Methode, zu mindestens keine sinnvolle Methode, auch nicht im Risikomanagement, den Eintritt zu verhindern. Auch nicht, eine vernünftige Einschätzung der Größenordnung im Vorfeld durchzuführen. Wenn sich der frühe 2020 Corona-Rauch etwas gelegt hat, dann haben wir auch eine Lektion gelernt und wissen: So was kann vorkommen.
Die nächsten schwarzen Schwäne in der Richtung sind heute nicht mehr ganz so schwarz. Alle haben ja schon erwartet die letzten Jahre, dass mal wieder ein Schlag irgendwie geben müsste. Aus ökonomischen, ökologischen Gründen haben auf die Banken getippt. Das waren aber auch nur wiederum die Lektionen, die wir aus der Vergangenheit wieder adaptieren mussten. Wenn wir auch noch einmal die großen Themen anschauen, denken wir bitte dran.
Die schwarze Schwäne waren wirklich aus dem Nichts gekommen, aus dem Nichts, und zwar unvorstellbar in ihrer Erscheinung. Schwarze Schwäne haben auch in der Risikomanagement Literatur einen eigenen Namen, und dort heißt sie halt nicht „Schwarze Schwäne“, sondern die Unknown unknowns. Die Unbekannten Unbekannten. Und der einzige Weg, einem schwarzen Schwan zu begegnen, ist Management Reserve im normalen Projekt. Oder wir würden einfach nur sagen Puffer. Wir brauchen Puffer, um für die Unbilden des Lebens auch abgefedert zu sein.
Das war die Lektion Nummer 3, also wir können dem Unbekannten, das um die Ecke kommt, eigentlich nur mit Puffer in jede Art und Weise begegnen. Der Segler wünscht sich hierfür immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel, der Bänker immer noch die finale Finanzierungsquelle. Und wir alle am Ende natürlich noch kiloweise Toilettenpapier im Keller. Aber irgendwann begehren diese Puffer auf, irgendwann schreien die nach Auflösung. Ich meine damit jetzt nicht die Ravioli Dosen von der Schweinegrippe seinerzeit, sondern irgendwann kommt ein Controller, ein Finanzier auf die Gedanken: Das könnte man auch noch einsetzen. Das könnte man auch nur in Projekte umsetzen oder könnte damit auch noch das Kapital vermehren.
Und das bringt mich zum vierten Punkt, die uns die schwarzen Schwäne lehren sollten. Auf Kante nähen ist fahrlässig Ohne Reserven, ohne Puffer jede Art von Vorhaben durchzuführen, ist fahrlässig. Das sehen wir sehr gern im Kino. Bei James Bond oder bei seinen Kollegen. Da ist es immer ganz toll, wenn die auf Kante nähen und gerade noch über die Bahngleise drüberkommen, und dann der Zug vorbei donnert. Ganz toll anzusehen. Es ist nicht die richtige Lösung für unser tägliches Leben. Ein bisschen konservative Zurückhaltung würde da nicht schaden.
Über Projektmanagementpodcast.com
Diese Projektmanagement-Podcast-Show entstand ursprünglich mal als kleines Hörspiel zwischen dem Abteilungsleiter König und dem Projektleiter Stein, die sich immer wieder in den langen Gängen der Pfefferminzia-Versicherung trafen und über das eine oder andere (Projekt-)managementthema philosophierten. Das tun sie auch noch heute, allerdings nicht mehr ganz soo oft. Dafür sind neue Formate entstanden und inzwischen auch den Gängen der Pfefferminzia enteilt.
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Podcast #92, erstmals veröffentlicht am 25.03.2020